Recht & Arbeitsrecht

Beschäftigte müssen auch in der Pandemie nicht die Toilette putzen

10.06.2021 | In der Pandemie hat die Frage der Hygiene im Betrieb besondere Bedeutung erlangt. Aber heißt das auch, dass Arbeitgeber jetzt alle Beschäftigten zum Toilettendienst verpflichten können? Ein klares "Nein" vom Arbeitsgericht!

Ein Arbeitgeber drückte im Rahmen der Corona-Pandemie seinen Beschäftigten einen regelmäßigen Toilettendienst aufs Auge. Ein als Lagerist beschäftigter Arbeitnehmer wollte es nicht hinnehmen, die Klos putzen zu müssen und klagte dagegen.

Da der Arbeitgeber erklärt hatte, eine Ablehnung werde als Arbeitsverweigerung angesehen, beteiligte er sich unter Vorbehalt an den Toilettenreinigungen. Gleichzeitig wandte sich an den DGB Rechtsschutz, um vor Gericht klären zu lassen, ob er hierzu tatsächlich verpflichtet ist.

Der Arbeitgeber berief sich auf den Arbeitsvertrag sowie eine Hygienebelehrung. Zudem dauere die Reinigung höchstens fünf Minuten. Der Kläger sei mit diesem Dienst auch nur zweimal im Monat "dran". Daher sei die Arbeit zumutbar. Die Argumentation überzeugte das Arbeitsgericht nicht: Der Lagerarbeiter sei nicht verpflichtet, die angeordnete Toilettenreinigung durchzuführen.

Denn nach dem Arbeitsvertrag sei er "im Bereich Lager" beschäftigt und hier vor allem damit, Tee abzufüllen und Ware zu kommissionieren. Die Toilette sei erkennbar nicht Teil des Bereichs Lager: Selbst dann nicht, wenn sie sich in der Nähe des Lagers befände.

Außerdem sei das Reinigen der Toilette keine "andere zumutbare Arbeit" im Sinne des Arbeitsvertrages. Die Arbeit im Lager erfordere eine eigenständige Gedankenleistung. Die Reinigungsarbeiten dagegen könnten ohne besondere Einarbeitung ausgeübt werden.

 

Rechtsschutzsekretär Dr. Till Bender meint dazu:

"Auch wenn es gelegentlich anders scheint: Die Pandemie ist kein rechtsfreier Zustand. Auch wenn die meisten Arbeitgeber mit dem Erstellen von Hygienekonzepten zusätzlichen Aufwand hatten, können sie diesen nicht ohne weiteres auf die Beschäftigten abwälzen."

Die Arbeitspflicht richtet sich nach dem Arbeitsvertrag

Und genau so wenig, wie ein Arbeitgeber seine Beschäftigten ohne weiteres ins Home-Office schicken kann, kann er ihnen Aufgaben zuweisen, die nicht vom Arbeitsvertrag gedeckt sind.

Hier war der Kläger als Lagerist angestellt, damit liegt es nicht wirklich nahe, ihn mit der Reinigung der sanitären Einrichtungen zu beauftragen. Das Arbeitsgericht Berlin hat dies in seinem Urteil klar zum Ausdruck gebracht.

Ohnehin erscheint es fragwürdig, dass die Toilette nur in der Pandemie gereinigt werden soll. Um vor Gericht Erfolg zu haben, hätte der Arbeitgeber sicher darlegen müssen, wer die Toilette vorher gereinigt hat und warum er dies nun nicht mehr tut.

Stattdessen hat der Arbeitgeber ein klassisches Eigentor fabriziert, in dem er sich darauf berufen hat, die Tätigkeit sei ja schon allein deshalb zumutbar, weil sie einen geringen zeitlichen Umfang habe. Dies ist die typische Sichtweise vieler Arbeitgeber, ihre Beschäftigten könnten „ja grad mal eben“ Dinge erledigen, die nicht zu ihrem Arbeitsvertrag gehören, weil dies ja zeitlich nicht aufwendig sei.

Zumutbarkeit ist keine Frage der zeitlichen Dauer
Dabei spielt die Frage des Zeitumfangs überhaupt keine Rolle: Wenn Beschäftigte zu einer Tätigkeit nicht verpflichtet sind, müssen sie sie nicht erledigen, egal wie gering der zeitliche Umfang ist. Dies führt keineswegs dazu, dass aus einer nicht zumutbaren Arbeit eine zumutbare wird.

Gleichzeitig ist tatsächlich nicht einzusehen, warum der Arbeitsvertrag des Klägers nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angepasst werden soll, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die sich tatsächlich in 10 Minuten monatlich erschöpft.

Offenbar hatte der Arbeitgeber darauf spekuliert, es reiche die allfällige Begründung aus, es sei aus Gründen der Pandemie erforderlich. In diesem Fall hatte er die Rechnung aber ohne den wehrhaften Lagerarbeiter und seinen gewerkschaftlichen Rechtsschutz gemacht.


Arbeitsgericht Berlin vom 19. Februar 2021 – 26 Ca 1419/20

Weitere Einzelheiten dazu unter diesem Link des DGB Rechtsschutz

Von: cdr

Unsere Social Media Kanäle