DELEGIERTE KOMMEN ZUSAMMEN

Delegiertenversammlung: Als Gewerkschaft Flagge zeigen!

26.09.2022 | Eine große Mehrheit der Zwickauer Metallerinnen und Metaller ist sich einig: Die einzig richtige Antwort auf die vielen gleichzeitig auftretenden Krisen heißt Solidarität! Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, war eigens zur Delegiertenversammlung nach Zwickau gekommen und diskutierte mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Betrieben über einen heißen Herbst.

 

Viele Kolleginnen und Kollegen machen sich derzeit ernsthaft Sorgen um die Stimmung in unserer Gesellschaft. Das wurde bei der dritten Delegiertenversammlung der IG Metall Zwickau am vergangenen Donnerstag deutlich. „Die Sorgen und Nöte werden größer. In Betrieben wie dem Eisenwerk Erla etwa, wo ich heute war, sind wir trotz Haustarifvertrag nicht allzu weit weg vom Mindestlohn… uns fällt gerade in Sachsen immer mehr auf die Füße, dass wir hier die geringste Tarifbindung von ganz Deutschland haben, dass Sachsen jahrelang als Niedriglohnland verkauft wurde. Viele Menschen hierzulande stellen sich angesichts der gestiegenen Preise längst nicht mehr die Frage, ob sie noch in den Urlaub fahren können – bei vielen Kolleginnen und Kollegen geht es an die Existenz“, sagte Thomas Knabel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau zu Beginn der Diskussion.

Ins August-Horch-Museum waren rund 60 Delegierte und noch einmal so viele Gäste gekommen, außerdem Hans-Jürgen Urban als geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. „So viele Krisen auf einen Haufen, so viele Probleme auf einen Haufen – das habe ich noch nicht erlebt“, sagte der erfahrene Gewerkschafter in seinen einleitenden Worten.

Die politische Landschaft sei unübersichtlich: „Wir als Gewerkschaft müssen den Menschen Orientierung anbieten und den roten Faden der Solidarität weiterspinnen. Denn wir laufen auf eine Zeit beinharter Verteilungskämpfe zu“, ist Hans-Jürgen Urban überzeugt. Natürlich seien 95 Milliarden Euro für drei Entlastungspakete nicht nichts. „Aber laut den neuesten Steuerschätzungen stehen dem 135 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen in den nächsten drei Jahren gegenüber.“ Von den bereits angekündigten 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr ganz zu schweigen.

Aus seiner Sicht gebe es derzeit drei Gruppen von Unternehmen: Die gebeutelten Unternehmen, die beispielsweise durch Instrumente wie die Kurzarbeit Hilfe bekämen. Die verschonten Unternehmen, die die Krise kaum betreffe. „Und die Unverschämten – diese weisen mitunter die höchsten Gewinne aus und wollen sich noch bei den Kolleginnen und Kollegen bedienen. Und diese Betriebe sprechen inzwischen in den Arbeitgeberverbänden die lauteste Sprache“, so Hans-Jürgen Urban. „Wir brauchen endlich eine Steuerreform, die Extraprofite abschöpft, das ist unsere Kernforderung für das vierte Entlastungspaket“, so der Gewerkschafter weiter.

Auch in der anschließenden Diskussion mit den Delegierten wurde schnell klar: Wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter müssen Flagge zeigen! Wir müssen sichtbarer werden, wir müssen eine andere Plattform als die ausgerechnet montags stattfindenden Demonstrationen anbieten! „Die Angst vor sozialen Unruhen ist da – und wenn, dann wird das hier im Osten als erstes kommen: geringe Löhne, niedrige Renten, kein finanzieller Hintergrund, kein Polster – wir sind als IG Metall gefordert und müssen uns unserer sozialen Verantwortung stellen“, sprach Uwe Kunstmann, Betriebsrat bei Volkswagen und Ortsvorstandsmitglied der IG Metall Zwickau, vielen Anwesenden aus der Seele.

„Im Osten brodelt es viel stärker als es im Westen der Fall ist“, bestätigte Markus Schlimbach, Vorsitzender des DGB Sachsen. Doch die aktuellen gesellschaftlichen Verwerfungen seien nicht allein tarifpolitisch zu lösen, machte Thomas Knabel abschließend klar. Es sei an der Zeit, Tarifrunde und Gesicht zeigen zusammenzubringen und sich ernsthaft gesellschaftspolitisch einzumischen.

Derzeit laufen die Planungen für eine Aktionswoche Mitte Oktober im Rahmen der laufenden Tarifrunde Metall + Elektro, in der viele hauptamtliche und ehrenamtliche Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter ins persönliche Gespräch mit den Belegschaften in den Betrieben gehen wollen. Für den 15. Oktober ist dann eine Demonstration in Vorbereitung, um den Menschen eine solidarische Plattform für ihren Protest anzubieten.

Von: cdr

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