METALL- UND ELEKTROINDUSTRIE - TARIFRUNDE 2021

Erste Verhandlung unter Corona-Bedingungen in Berlin

17.12.2020 | Am 16. Dezember fand in Berlin die erste Tarifverhandlung für die Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie im Haus der Wirtschaft statt. Die Verhandlungsrunde bestand jeweils aus drei Vertreterinnen und Vertretern. Für die IG Metall nahmen Bezirksleiterin Birgit Dietze, der zuständige Tarifsekretär Patrick Hesse und David Schmidt, Betriebsratsvorsitzender bei Mahle/ Wustermark teil.

Verhandlungskommission am 16. Dezember 2020 vor der 1. Tarifverhandlung mit dem VME - Alle Fotos: Christian von Polentz/transitfoto.de

Birgit Dietze, IG Metall Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen

Vorbesprechung der Verhandlungskommissio vor der 1. Tarifverhandlung in Berlin

Vor Ort war außerdem eine zehnköpfige Verhandlungskommission, die sich vor der Verhandlung abstimmte. Mit dabei: Thomas Knabel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau – mit rund 25 000 Mitgliedern die größte Geschäftsstelle in den neuen Bundesländern. Nach der Verhandlung fand mittags eine digitale Sitzung der Verhandlungskommission und anschließend eine digitale Tarifkommissionssitzung statt, um alle direkt zu informieren.

Wegen des am 16. Dezember beginnenden verschärften Lockdowns wurde zum Schutz der Beschäftigten auf alle verhandlungsbegleitenden Aktionen verzichtet. Keine Fahnen, keine Trommler, keine Transparente vor dem Haus der Wirtschaft in Berlin. Aber den Arbeitgebern wurden in der ersten Verhandlung die berechtigten Forderungen der Beschäftigten durch die Verhandlungsführerin Birgit Dietze übermittelt und erläutert.

„Einer Nullrunde – wie sie schon im Vorfeld von den Arbeitgebern ausgerufen wurde – erteilen wir eine klare Absage“, sagte Birgit Dietze, IG Metall Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen. „Gleiches gilt für die von den Arbeitgebern formulierten Gegenforderungen, in wirtschaftlich schlechten Zeiten auf der betrieblichen Ebene eigenständig vom Tarifniveau abweichen zu können oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld zwischen den Betriebsparteien zu flexibilisieren.“ Die IG Metall hat den Wert des Flächentarifvertrags unterstrichen und diesen dagegen gestellt. Er schafft Planbarkeit und schützt vor Unterbietung.

„Jetzt geht es darum, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Dazu gehört, das Know-how der gut ausgebildeten Belegschaften auch durch die herausfordernde Zeit des Strukturwandels zu erhalten. Darüber hinaus hat die Frage der Angleichung Ost in unserem Bezirk 30 Jahre nach der Wiedervereinigung weiterhin höchste Priorität. Es geht in dieser Frage auch um einen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt“, so Birgit Dietze.

Neben der Angleichungsfrage ging es konkret um die Forderungen nach einem Volumen von vier Prozent mehr Geld für zwölf Monate, das zur Sicherung von Beschäftigung und Einkommen eingesetzt werden soll. Als Instrument zur Beschäftigungssicherung hat die IG Metall eine Arbeitszeitverkürzung mit Teilentgeltausgleich um drei Wochenstunden mit einem teilweisen Lohnausgleich ins Spiel gebracht. Zudem geht es um die Schaffung eines tariflichen Rahmens für betriebliche Zukunftstarifverträge mit Investitions-, Produkt- und Standortzusagen. Gefordert werden darüber hinaus bessere tarifliche Regelungen für die Übernahme nach der Ausbildung und für dual Studierende.

Stimmen aus der Verhandlungskommission: 

Fevzi Sikar, Mercedes-Benz Werk Berlin: Unverantwortliche Entscheidungen des Managements führen aktuell zur Bedrohung unserer Arbeitsplätze. Zugleich entstehen in unmittelbarer Nähe neue Arbeitsplätze, allerdings mutmaßlich ohne tarifliche Standards. Deshalb fordern wir Investitionen in die Zukunft und die Sicherung unserer Arbeitsplätze unter tariflichen Standards hier in Berlin!

Sandro Hoffmann, ZF Brandenburg a.d. Havel: Unsere Kolleginnen und Kollegen an den westdeutschen Standorten arbeiten zu einem vergleichbaren Entgeltniveau rund vier Wochen weniger im Jahr! Ihnen werfe ich nichts vor! Dass die Arbeitgeber aber – inzwischen 30 Jahre nach der deutschen Einheit – eine Angleichung der Arbeitsbedingungen immer noch blockieren, daran muss sich etwas ändern! Jetzt!  

Thomas Rackwitz, Daimler Ludwigsfelde: Wir arbeiten bei uns im Werk bis zu 12 Schichten an bis zu sechs Tagen die Woche. Für den Einzelnen bedeutet das im Durchschnitt mehr als 40 Stunden pro Woche. Im Gegenzug fährt das Unternehmen seit Jahren Gewinne ein. Die letzte Entgelterhöhung liegt hingegen bereits 2,5 Jahre zurück. Deshalb fordern wir neben der Angleichung der Arbeitsbedingungen eine Entgelterhöhung!

Ein Volumen von 4 Prozent zur Stärkung der Einkommen – das ist die bundesweit einheitliche Forderung der IG Metall in der anstehenden Tarifrunde. Dieses Volumen soll zugleich auch für Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung zur Verfügung stehen.

Was heißt das?
Die Arbeitgeber beklagen immer wieder die höchst unterschiedliche Situation in ihren jeweiligen Betrieben. Gerade jetzt, mitten in der Corona-Krise, ist das tatsächlich gut zu beobachten. Während manche Betriebe unter Volllast laufen, sind andere Betriebe von massiver Kurzarbeit betroffen. Die Beschäftigten dort werden von Zukunftssorgen geplagt. Hier genau setzt die Volumenforderung an. Sie zielt bewusst auf eine differenzierte Vorgehensweise.

Grundsätzlich sollen die Beschäftigten einen Teil des geforderten Volumens als Entgelterhöhung erhalten. Wenn jedoch Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung wie beispielsweise Kurzarbeit oder Arbeitszeitabsenkungen nötig sind, dann könnte der verbleibende Teil des Volumens zur Aufstockung von Entgeltverlusten genutzt werden. Sind jedoch keine Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung im Betrieb nötig, weil „der Laden brummt“, wird das Volumen quasi als zusätzlicher Ausgleich für die enorme Arbeitsbelastung ganz an die Beschäftigten ausgezahlt.

Von: cdr

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