15.05.2025 | Nur wer sich intensiv mit der Vergangenheit auseinandersetzt, kann die Zukunft aktiv gestalten: 80 Jahre nach der Befreiung Europas vom Nationalsozialismus begab sich die IG Metall Jugend Berlin-Brandenburg-Sachsen auf eine internationale Gedenkstättenfahrt. Vom 8. bis 11. Mai 2025 reiste eine Gruppe nach Linz und zur KZ-Gedenkstätte Mauthausen in Österreich.
Die Gedenkstättenfahrt der IG Metall Jugend BBS begann in Dresden am 8. Mai, dem symbolträchtigen Tag der Befreiung der Welt vom Hitler-Faschismus. Mit dem Bus ging es nach Linz, wo unsere Gruppe am Abend herzlich empfangen wurde – durch Samuel Puttinger und Steffi Rödhammer vom österreichischen KZ-Opferverband Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen, Opfer des Faschismus und aktiver AntifaschistInnen. Bereits diese Begegnung verdeutlichte die enge Verbindung von historischem Gedenken und aktiver politischer Positionierung heute.
Der Freitag stand im Zeichen der Auseinandersetzung mit der Industriegeschichte der Region. Die Gruppe besuchte die voestalpine, das größte Stahlwerk Österreichs – einst als „Hermann-Göring-Werke“ unter den Nationalsozialisten errichtet. Während des Zweiten Weltkriegs wurden hier tausende Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlinge brutal ausgebeutet. Heute betreibt das Stahlwerk eine intensive Auseinandersetzung und Aufarbeitung der eigenen Geschichte.
So wurde bei der Eröffnung eines neuen Gedenkortes der voestalpine an einem ehemaligen Außenlager des KZ Mauthausen deutlich, wie Erinnerungskultur konkret gelebt werden kann. Auch die anschließende Werksführung, begleitet vom Betriebsrat, beeindruckte die Teilnehmenden tief. Sie konnten den gesamten Prozess der Stahlproduktion, angefangen bei der Kokerei, dem Hochofen bis zum Warmwalzwerk aus nächster Nähe kennenlernen. „Ich wollte das schon immer mal sehen. Der Eindruck hat mich komplett umgeworfen!“, so Florian aus dem Leitungsteam des Jugendausschusses der IG Metall Jugend BBS.
Durch die Möglichkeit zum Austausch und Gesprächen mit Arbeitnehmervertreter*innen vor Ort, wurde die Brücke zwischen Technik, betrieblichem Handeln und gesellschaftlichem Engagement gebaut. Mit Roland Baumann (Nationalratsmitglied & Betriebsratsvorsitzender voestalpine), Joseph Rehberger (Fraktionsvorsitzender Produktionsgewerkschaft voestalpine) und Julia Foica (Jugendvertrauensrätin voestalpine) ging es um Mitbestimmung, Erinnerungskultur – und die gemeinsame Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen.
Themen im Gespräch waren nicht nur die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Mitbestimmung zwischen Deutschland und Österreich. Es ging auch um die offensive Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus, die im Stahlwerk in Linz gelebt wird. Eine gute Vorbereitung für den anschließenden Besuch eines eigenen Museums, das die voestalpine an ihrem Hauptsitz eingerichtet hat. Dort wird die Geschichte der Errichtung des Stahlwerks im Zuge der Kriegspläne der Nationalsozialisten durch Zwangsarbeiter aufgearbeitet. Die Herkünfte der ausgebeuteten Arbeiterinnen werden erklärt und das Leid der Ausbeutung deutlich gemacht. „Für mich war es besonders schlimm zu hören, wie mit den Menschen und insbesondere den Frauen, die hier zur Arbeit gezwungen wurden, umgegangen wurde. Da muss ich erstmal einen Moment innehalten“, sagt Carolin.
Mauthausen: Geschichte mit jedem Schritt
Am Samstag folgte der zentrale Moment der Fahrt: der Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen. Bewusst entschied sich die Gruppe, den historischen Weg der Häftlinge zu Fuß zurückzulegen – vom Bahnhof Mauthausen bis zur hoch gelegenen Gedenkstätte. Beim Gang vorbei an bunten Häusern und gepflegten Vorgärten wurde deutlich, dass die Geschichten des „von nichts gewusst haben“ nach dem Krieg erfunden worden sind. In der Gedenkstätte selbst wurden die brutale Realität des Lagers und die persönlichen Schicksale greifbar: der „Todessteinbruch“, die Gaskammer, das Krematorium. Die Führung berührte tief. Für viele war es der erste Besuch eines Konzentrationslagers. Die Eindrücke mussten am Nachmittag gemeinsam verarbeitet werden – in stiller Reflexion und intensivem Austausch.
Der Sonntag schließlich stand im Zeichen der großen internationalen Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Befreiung. Gemeinsam mit weit mehr als 30 internationalen Jugendorganisationen, Staatsoberhäuptern und mehr als 20.000 Menschen aus aller Welt zeigte unsere Delegation der IG Metall Jugend Flagge gegen das Vergessen.
Der Ort der Vernichtung durch Arbeit wurde gefüllt von junger Lebensfreude und einem farbenfrohen Fahnenmeer. Über 2000 junge Menschen sangen antifaschistische Lieder wie etwa Bella Ciao und schritten die sogenannte Todesstiege hinauf. Vertreter aus allen Ländern, aus denen Menschen in dem Konzentrationslager eingesessen haben, legten Kränze nieder, gedachten den Opfern und mahnten für die Zukunft. So nahm unter anderem der spanische König an der Prozession durch das Lager teil. Für die Bundesrepublik war der Ministerpräsident a.D. Bodo Ramelow da, der sich auch direkt mit unserer Delegation austauschen wollte.
Auch wir ließen einen Gedenkkranz und für jeden Teilnehmenden eine Blume in der Gedenkstätte zurück. Mit nach Hause nahmen wir dafür enorm viele Eindrücke und Erfahrungen. Und ein gestärktes Bewusstsein, dass #NieWiederFaschismus keine leere Phrase, sondern eine absolute Grundvoraussetzung für unsere Gesellschaft sein muss. Als IG Metall Jugend werden wir dieses Bewusstsein auch weiterhin mit Leben füllen!
Diese Fahrt war mehr als ein Ausflug in die Vergangenheit. Sie war ein lebendiger Beitrag gegen das Vergessen, ein politisches Statement, eine Haltung und ein kollektives Versprechen: Faschismus, Hass und Menschenverachtung haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.
Die IG Metall Jugend wird weiter dafür einstehen – laut, sichtbar und solidarisch. Denn: Erinnern heißt handeln. Und das fängt bei uns an.
Eine Fotogalerie gibt es HIER.