Volkswagen

IG Metall und VW-Gesamtbetriebsrat legen Zukunftsplan vor

21.11.2024 | Im Ringen um Perspektiven für die finanziell unter Druck stehende Volkswagen AG werden Gesamtbetriebsrat und IG Metall dem Vorstand zu den Verhandlungen am Donnerstag einen Zukunftsplan vorlegen. Der Lösungsansatz sieht vor, die Sparziele der Unternehmensspitze über Änderungen bei den Personalkosten mit circa 1,5 Milliarden Euro zu flankieren.

Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo. Fotos: IG Metall / Heiko Stumpe

Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger.

Konkret soll bei VW im Gegenzug für ein Gesamtpaket aus Garantien und Sicherheiten für alle Standorte Folgendes geschehen: Die kommende Tariferhöhung bei VW könnte befristet als Arbeitszeit in einen solidarischen Zukunfts-Fonds eingebracht werden. Darüber bekäme das Unternehmen ein Instrument, um bei Bedarf Arbeitszeiten abzusenken. Falls also durch den Strukturwandel in Produktion oder Verwaltung Unterauslastungen entstehen, würde der Fonds helfen, Personalabbau weiterhin sozialverträglich gestalten zu können.

Als weiterer Teil des Konzeptes sollen 2025 und 2026 Teile der Boni – von Vorstand über Management bis in den Tarif – für Zukunftssicherung eingebracht werden. Für alle Beschäftigten blieben mit diesem Ansatz die aktuellen Monatsentgelte gleich.

  • Kluge Produktverteilung sichert Stammbelegschaften in allen deutschen Standorten ab
  • Werksschließungen wären damit abgewendet – alle Standorte hätten Zukunftspfad
  • Geforderter „Beitrag der Belegschaft“ soll über Boni-Verzicht laufen – Vorstand inklusive
  • Solidarischer Ansatz: Vorstand und Management müssten stärker beitragen als der Tarif
  • Arbeitnehmerseite wäre für Gesamtpaket bereit, Tariferhöhung in Flexi-Fonds zu geben
  • Dieses Gesamtpaket würde die Arbeitskosten um circa 1,5 Milliarden Euro entlasten
  • Neue Beschäftigungssicherung für die Volkswagen AG soll wieder in Kraft treten
  • Im Gesamtpaket muss auch ein Beitrag durch die Dividenden-Politik enthalten sein

Zurück zur Beschäftigungssicherung an allen Standorten

Im Gegenzug soll für die insgesamt etwa 125.000 Kolleginnen und Kollegen der Volkswagen AG (dazu zählen: die Pkw-Kernmarke, die VW-Komponentenwerke, die VW-Nutzfahrzeuge und die Konzernstellen) die Beschäftigungssicherung wieder in Kraft gesetzt werden. Selbes soll für die drei sächsischen VW-Standorte Chemnitz, Dresden und Zwickau gelten. Sie laufen per Stufenplan auf eine Verschmelzung mit der Volkswagen AG im Jahr 2027 zu. Auch für das Volkswagen-Werk in Osnabrück braucht es eine langfristige Perspektive.

Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo und der Bezirksleiter der IG Metall Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger, erklärten am Mittwoch gemeinsam in Wolfsburg: „Niemandem liegt die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens so am Herzen wie den Beschäftigten selbst. Verursacht durch Fehlentscheidungen des Vorstandes in der Vergangenheit, schwache Konjunktur und schwierige Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität sehen auch IG Metall und Gesamtbetriebsrat Handlungsbedarf, insbesondere in den nächsten beiden Jahren. Klar ist aber, dass die Arbeitskosten dabei nur einen kleinen Teil ausmachen. Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor. Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft.“

Solidarität statt Werksschließung

Der Zukunftsplan der Arbeitnehmerseite macht außerdem ein Gegenkonzept zu den Werksschließungen auf, mit denen die Arbeitgeberseite plant. Denn alle vom Vorstand bisher gezeigten Szenarien beinhalten mehrere Standort-Schließungen und zudem krasse Einschnitte an den verbleibenden Standorten, womit auch deren Zukunft massiv gefährdet wäre. Dagegen sieht der Lösungsansatz der Mitbestimmung alternative Vorschläge für die jährlich fortgeschriebene Planungsrunde vor, mit der Volkswagen die konzernweiten Investitionen in Fabriken und Gesellschaften regelt. Der Ansatz der Arbeitnehmerseite kombiniert eine ausgeglichene Verteilung der Produkte mit gleichzeitiger Absicherung für die jeweilige Stammbelegschaft. Dazu gehören unter anderem flexible Drehscheiben-Ansätze, mit denen mehrere Werke beim Volumen verwandter Fahrzeugmodelle atmen.

Generell soll VW in Deutschland weiterhin sowohl auf die Produktion von Verbrennern als auch von Elektrofahrzeugen setzen, um so die Transformation fortzuschreiben. Ein neuer, zusätzlicher Fokus soll hierzulande beim Zukunftsthema Kreislaufwirtschaft entstehen. Hierbei geht es unter anderem um Recycling – ein zunehmend auch gesetzlich befeuerter Trend. Darüber hinaus werden dem Lösungsvorschlag zufolge neue Fertigungsverfahren vorangetrieben, um Industriearbeit am Standort Deutschland zukunftsfähig zu halten. Dabei sollen umwälzende Technologien wie etwa Großguss zum Einsatz kommen. Von solchen Innovationen sollen ganz entscheidend auch die Komponenten-Werke profitieren.

Der Zukunftsplan beinhaltet auch eine Forderung in Richtung der Anteilseigener. Demnach muss im Gesamtpaket für eine Lösung auch ein signifikanter Beitrag durch die Dividenden-Politik enthalten sein. Die Zuständigkeit hierfür liegt, wie üblich, im Aufsichtsrat.

Zusammenfassend sagte Daniela Cavallo am Mittwoch: „Die Arbeitnehmerseite wird das Paket der Arbeitgeberseite in der Tarifverhandlung am 21. November erläutern. Mit unserem Ansatz übernimmt die Belegschaft Verantwortung für das Unternehmen, die Arbeitsplätze und die Standortregionen.“ Thorsten Gröger betonte: „Jetzt hat es VW in der Hand, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und zügige Lösungen zu ermöglichen. Andernfalls würde der Tarifpartner mutwillig eine Eskalation provozieren. Das wollen wir vermeiden – aber wir sagen ebenso klar: Die Belegschaft ist kampfbereit, die Vorbereitungen laufen.“

Von: cdr

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