01.04.2025 | „Wer nichts fordert, kriegt auch nichts – wir haben lange nichts gefordert und auch nichts bekommen.“ Das sagt Marcel Wojciechowski. Er ist Betriebsratsvorsitzender bei Logistikdienstleister TSL, angesiedelt auf dem VW-Werksgelände. Trotzdem waren Mitbestimmung und gleiches Geld für gleiche Arbeit lange Zeit unerreichbar. Statt nur zu meckern und sich mit der ungleichen Behandlung abzufinden, hat sich die Belegschaft zusammengeschlossen - und jetzt einen starken Tarifvertrag erkämpft.
Kämpfen lohnt sich – auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Das beweist die kleine, sehr gut organisierte und konfliktbereite Belegschaft des Logistikdienstleisters TSL. In weniger als zwei Jahren haben die rund 80 Kolleginnen und Kollegen einen Betriebsrat gegründet und jetzt erfolgreich ihren ersten Tarifvertrag eingefordert.
Alle Beschäftigten profitieren unmittelbar durch mehr Geld vom ersten Tarifabschluss am Standort Zwickau-Mosel. „Mit dem Tarifvertrag ist es uns gelungen, ein höheres und verstetigtes Monatsentgelt für alle durchzusetzen, mit dem man endlich rechnen und planen kann. Nach jahrelangen Unterschieden und Ungerechtigkeiten muss das Unternehmen ein einheitliches Urlaubsgeld und Jahressonderzahlungen für alle bezahlen – das kann sich sehen lassen“, sagt Betriebsratsvorsitzender Marcel Wojciechowski. Zudem kommt bis Mitte 2026 schrittweise die 35-Stunden-Woche und seit diesem Jahr gibt es endlich 30 Tage Urlaub statt bisher nur 26 oder 28 Tage.
„Das war unser Ziel: Die TSL-Beschäftigten sollten nicht länger unter dem Niveau der Kontraktlogistiker rund um das VW-Fahrzeugwerk Zwickau arbeiten und auch keine Schlechterstellung mehr zur TSL-Belegschaft in Leipzig erfahren“, kommentiert Thomas Knabel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau.
Denn obwohl das Unternehmen direkt auf dem VW-Werksgelände angesiedelt ist und der TSL-Hauptsitz in Leipzig schon länger tariflich zahlt, ging in Zwickau in punkto Mitbestimmung lange kein Weg hinein. Dabei ist die Arbeit der Beschäftigten ein wichtiger kleiner Mosaikstein im Getriebe des Zwickauer Fahrzeugwerks: Sie sorgen dafür, dass die produzierten Fahrzeuge für den Abtransport via Schiene auf Züge verladen werden.
TSL ist ein gutes Beispiel dafür wie eine Belegschaft, die zusammenhält und entschlossen Mitbestimmung einfordert, innerhalb kürzester Zeit die eigenen Arbeitsbedingungen deutlich verbessern kann. „Trotz der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen um Autobauer Volkswagen lohnt es für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sich ihr Recht auf Mitbestimmung zu erstreiten“, meint Gewerkschaftssekretär Stefan Fischer.
„In guten Zeiten muss es um die faire Beteiligung an Gewinnen gehen. In schlechteren Zeiten, so wie wir sie gerade erleben, geht es darum als Belegschaft gemeinsam die Stirn zu bieten und Arbeitsplätze zu sichern. So kann zum Beispiel nur ein Betriebsrat einen Sozialplan mit dem Arbeitgeber verhandeln“, erläutert der Gewerkschafter, der Beschäftigte auf dem Weg zu Betriebsrat und Tarifbindung unterstützt.
„Wer nichts fordert, kriegt auch nichts – wir haben lange nichts gefordert und auch nichts bekommen. Aber dank einer starken Belegschaft, die uns als Betriebsrat den Rücken gestärkt hat, aber auch viel Rückhalt und Solidarität unserer Kolleginnen und Kollegen am Standort Leipzig sowie der Belegschaft im VW-Werk Zwickau haben wir uns getraut, mit unserer Geschäftsleitung endlich auf Augenhöhe zu verhandeln statt immer nur als Bittsteller aufzutreten“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende.
Bestandteil des Verhandlungsergebnisses ist ein transparentes Entgeltsystem, in dem alle Beschäftigten mit den gleichen Anforderungen auch das Gleiche verdienen. Außerdem gibt es neue flexible Regelungen für eine moderne Gestaltung der Arbeitszeit und zusätzliche freie Tage bei besonderen Anlässen sowie Unterstützung im Todesfall.
Während mit dem Manteltarifvertrag nun ein nachhaltiger Rahmen für die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen der TSL-Belegschaft vereinbart wurde, wird bereits im Herbst 2025 wieder über die Entgelte verhandelt. „Wir freuen uns bereits auf die erste gemeinsame Tarifrunde mit den anderen Kontraktlogistikern im September, auf unsere Mannschaft kann die IG Metall zählen”, so Marcel Wojciechowski abschließend.
Klingt gut? Ist es auch und wir erklären euch gerne wie es geht.
Einfach bei unserem Kollegen Stefan Fischer melden.