Gewerkschaftsjubilar im Porträt

Karsten Grimm: „Politisch aktiv zu sein, das gehört einfach zu mir“

15.10.2021 | Fünf Jahrzehnte Gewerkschaftsmitgliedschaft und noch immer hält Karsten Grimm die Fahne hoch. Der Glauchauer ist auch im Ruhestand mit Leib und Seele Metaller und engagiert sich in der Außerbetrieblichen Gewerkschaftsarbeit.

Karsten Grimm bei der Jubilarehrung in der "Neuen Welt" Zwickau. Foto: IG Metall Zwickau/Igor Pastierovic

76.465 ist eine stolze Zahl. Auf so viele Jahre kommen wir, wenn wir die Mitgliedsjahre der 1430 Kolleginnen und Kollegen zusammennehmen, die 2020 und 2021 ihr IG Metall Jubiläum gefeiert haben. Bei zwei Veranstaltungen in der Zwickauer "Neuen Welt" ehrten wir unsere Mitglieder mit 40, 50, 60, 70 und 75 Jahren Gewerkschaftszugehörigkeit. Einer unserer Jubilare ist Karsten Grimm. Der Glauchauer ist seit fünf Jahrzehnten aktiver Gewerkschafter und auch als Rentner steht er weiterhin hinter seiner IG Metall.

„Politisch aktiv zu sein, das gehört einfach zu mir. Ich kann doch nicht nur meckern, da mische ich mich lieber selber ein“, sagt der 67-Jährige. Seit Januar 2020 ist der gelernte Zerspaner in Rente, doch untätig zuhause sitzen – das käme ihm nicht in den Sinn. Sein 50-jähriges Gewerkschaftsjubiläum feiert er als ehrenamtlicher Leiter der Nebenstelle Glauchau, denn seit seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben ist Karsten Grimm in der Außerbetrieblichen Gewerkschaftsarbeit (AGA) aktiv.

„Wir kümmern uns zum einen um unsere Mitglieder in Rente, aber ebenso um Menschen, bei denen das Erwerbsleben nicht ganz geradeaus verlaufen ist“, erzählt er. Bei den AGAs mitzumachen sei eine bewusste Entscheidung gewesen. „Mir war schon vor Renteneintritt klar, dass ich auch weiterhin etwas bewirken will.“

Kein Wunder, nach fünf Jahrzehnten als aktiver Gewerkschafter an vorderster Front: Gelernt hat Kollege Grimm noch bei Sachsenring, wo er sich zu DDR-Zeiten schon als Funktionär für die Interessen seiner Kolleginnen und Kollegen stark macht. „Ich bin als 16-Jähriger 1970 nicht unbedingt aus tiefster politischer Überzeugung in die Industriegewerkschaft Metall eingetreten. Das war damals eben einfach so. Aber mich für die Kollegen einzusetzen, das fand ich gut.“

In den 80ern wechselt Karsten Grimm zur Gelenkwelle, wird dort schließlich zum BGL-Vorsitzenden gewählt. Mit dem Ende der DDR kommt für Kollege Grimm das Ende als Funktionär. „Ich wurde von einem Tag auf den anderen vom Hof gejagt, so kann man das rückblickend schon sagen“, meint er nachdenklich. Doch statt hinzuwerfen fängt er kurzerhand in der mechanischen Fertigung in „seinem“ Betrieb, der Gelenkwelle, an. Von der aktiven Gewerkschaftsarbeit hält er sich nach den Erfahrungen der Wendezeit aber zunächst fern. „Doch irgendwann habe ich mir gesagt: Du willst dich aktiv einbringen, also mach‘ es auch.“

Aktionstage, Demonstrationen in Bonn und Berlin, zahlreiche Warnstreiks und wochenlange Arbeitskämpfe wie etwa 1993 oder 2003 – als Vertrauensmann und später Betriebsrat ist Karsten Grimm meist ganz vorn dabei. „Wir brauchten und brauchen als Arbeiter eine Interessenvertretung. Wer außer den Gewerkschaften soll das denn sonst machen?“, so seine Überzeugung bis heute.

 

AUFRUF FÜR AKTIVENKREIS GLAUCHAU

Nach der coronabedingten Pause im vergangenen Jahr will Karsten Grimm jetzt einen Aktivenkreis für Glauchau ins Leben rufen. „Ich bin auf der Suche nach engagierten Kolleginnen und Kollegen, die zwar raus aus dem Beruf sind, aber deshalb noch lange nicht raus sein wollen aus ihrer aktiven Zeit mit der IG Metall.“ Ob als solidarische Unterstützung bei zukünftigen Warnstreiks oder als Gratulanten bei runden Geburtstagen und Jubilaren – die Aufgaben der AGAs sind vielfältig. „Vor allem ist es eine gute Möglichkeit, auch im Alter keinen Tunnelblick zu bekommen, sondern immer wieder auf Menschen mit anderen Meinungen zu treffen und sich auch mal eine andere Sicht auf die Dinge anzuhören.“

Von: cdr

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