BETRIEBSRATSMOBBING

Strafe gegen Geschäftsführer wegen Behinderung des Betriebsrats

05.08.2021 | 80 Tagessätze Strafe nach Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetz muss ein Geschäftsführer eines Logistikdienstleisters zahlen, wegen Behinderung des Betriebsrats. Bislang haben Staatsanwälte die Fälle so gut wie nie verfolgt. Doch die IG Metall Völklingen hatte nun nach zwei Jahren Verfahren Erfolg.

Die Behinderung der gesetzlich geschützten Arbeit von Betriebsrätinnen und Betriebsräten ist strafbar. Meist werden diese Fälle aber nicht verfolgt - das könnte sich jetzt ändern (Symbolbild). Foto: iStock.com/AndreyPopov

Verurteilt wegen Behinderung des Betriebsrates: Weil er massiv gegen den Betriebsrat vorgegangen ist, muss ein Manager jetzt ordentlich Strafe zahlen - 80 Tagessätze lautete das Urteil des Amtsgerichts Lebach (Saarland). Ab 90 Tagessätzen gilt man als vorbestraft.

Die IG Metall hatte in dem Fall 2019 Strafanzeige gestellt, auf Betreiben der IG Metall Völklingen. Nach der Verhandlung im Juni erließ das Amtsgericht Lebach den Strafbefehl. Die Strafe ist eine große Ausnahme, denn bislang haben Staatsanwaltschaften und spätestens die Richter die 119er-Verfahren in der Regel stets eingestellt. Das liegt auch daran, dass sich die Strafgerichtsbarkeit nicht im Betriebsverfassungsrecht auskennt. Doch an diesem Fall blieb der Staatsanwalt dran.

IG Metall Vorstandsmitglied Christiane Benner: Klares Signal an Arbeitgeber!

„Die Verurteilung des Geschäftsführers ist ein großer Erfolg der IG Metall – und ein klares Signal an Arbeitgeber, die unsere Betriebsräte mobben und behindern: Ihr kommt nicht länger ungestraft davon“, erklärt Christiane Benner, Zweite Vorsitzende der IG Metall. „Betriebsräte schützen Beschäftigte. Sie sichern Teilhabe und Mitbestimmung. Sie stehen für Demokratie im Betrieb. Wir werden uns auch in Zukunft gegen Angriffe auf unsere Betriebsräte zur Wehr setzen.“

Die Geschäftsführung ist massiv gegen den Betriebsrat vorgegangen. Unter anderem erhielten drei Betriebsratsmitglieder die fristlose Kündigung – und bekamen keinen Lohn mehr.

Wesentlicher Grund für die Verurteilung war für das Gericht jedoch, dass die Geschäftsführung die Kosten des Betriebsrates, etwa für Büroräume, Seminare und Sachverständige, im Betrieb öffentlich aushängte – und diesen Aushang fortlaufend aktualisierte. Die betriebsöffentliche Bekanntgabe der vom Betriebsrat verursachten Kosten erfüllt den Straftatbestand des Paragraf 119 Betriebsverfassungsgesetzes. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits 1997 festgestellt.

Das Amtsgericht Lebach erließ zunächst ohne mündliche Verhandlung einen Strafbefehl gegen den Geschäftsführer und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Gegen diesen Strafbefehl legte der Geschäftsführer jedoch Einspruch ein. Das Verfahren ging in die mündliche Verhandlung.

In der Verhandlung, in der unter anderem Alfonso Liuzzo von der IG Metall Völklingen als Zeuge gehört wurde, kamen weitere massive Verstöße gegen den § 119 BetrVG ans Licht. Der Staatsanwalt riet dem angeklagten Geschäftsführer, den Einspruch zurückzunehmen, um keine noch höhere Strafe zu riskieren. Ab 90 Tagessätzen gelten Täter als vorbestraft. Es blieb bei 80 Tagessätzen.

Paragraf 119 als letztes Mittel

Liuzzo sieht in dem Urteil ein wichtiges Signal. „Die Arbeitgeber in unserer Region wissen, dass sie jetzt aufpassen müssen.“

Allerdings: Der Paragraf 119 wird für Liuzzo immer das letzte Mittel bleiben. Die IG Metall Völklingen war in den letzten Jahren mit mehreren weiteren Fällen von Union Busting und Betriebsratsmobbing konfrontiert. Bei einem Getränkedosenhersteller etwa führten Betriebsrat und IG Metall Völklingen über 20 Arbeitsgerichtsverfahren. Am Ende haben sie alles gewonnen. Der Standortleiter wurde ausgetauscht. Und vor allem stand schließlich die komplette Belegschaft hinter ihnen.

„Das war im Grund ein noch größerer Erfolg“, findet Liuzzo. „Denn wir wollen ja langfristig unsere Mitbestimmung im Betrieb stärken, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wenn Du jedoch den 119er ziehst, ist das Tischtuch zerschnitten und keine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber mehr möglich.“

Zudem besteht auch die Gefahr, dass der Arbeitgeber es schafft, dem Betriebsrat und die IG Metall die Rolle von zu Feinden des Betriebs zuzuschieben, die Betriebsfrieden und Arbeitsplätze gefährden. Das zeigen auch die bisherigen seltenen Verfahren.

Nur mit Rückhalt der Belegschaft

„Eine Strafanzeige nach Paragraf 119 ist kein Allheilmittel, das Betriebsräte ab jetzt einfach jedes Mal ziehen können, wenn der Arbeitgeber Probleme macht“, warnt Peter Kippes, Leiter des Funktionsbereichs Betriebspolitik beim IG Metall-Vorstand. „Solche Verfahren bedürfen sorgfältiger Vorbereitung und sollten nur im Rahmen einer betriebspolitischen Gesamtstrategie mit Beteiligung der Beschäftigten eingesetzt werden. Denn nur wenn die Beschäftigten geschlossen hinter ihren Betriebsräten und der IG Metall stehen, sind wir auch nachhaltig im Betrieb erfolgreich.“

Von: cdr

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