TARIFRUNDE HOLZ UND KUNSTSTOFF 2021

Warnstreiks in der Holz- und Kunststoffindustrie

30.09.2021 | Sechs Nullmonate bis Februar 2022. Dann 1,2 Prozent mehr. Dieses „Angebot“ machten die Arbeitgeber der Holz- und Kunststoffindustrie zuletzt auch in Baden-Württemberg. Zu Altersteilzeit und Belastungen bieten sie gar nichts. Die IG Metall fordert 4,5 Prozent mehr Geld, denn der Branche geht es trotz Corona gut. Inzwischen laufen die ersten Warnstreiks.

Baden-Württemberg legt mit Warnstreiks in der Tarifrunde der Holz- und Kunststoffindustrie bereits vor, weitere Regionen werden ab Mitte Oktober nachziehen. Foto: IG Metall

Aktive Mittagspause beim Duschkabinenhersteller Hüppe in Bad Zwischenahn in Niedersachsen. Foto: IG Metall

So hätten es die Arbeitgeber gern: Erst mal sechs Null-Monate ohne Lohnerhöhung. Im März 2022 soll es 1,2 Prozent mehr Geld geben, ab März 2023 dann für ein weiteres Jahr 1,3 Prozent. Das bedeutet: Reallohnverlust.

Das ist bislang das "Angebot" der Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen für die Holz- und Kunststoffindustrie. Außerdem bieten sie gar nichts zur Erhöhung des tariflichen Demografiefonds – derzeit 300 Euro je Beschäftigten im Jahr, aus dem auch die Altersteilzeit finanziert wird.

„Was die Arbeitgeber angeboten haben, ist mehr als unzureichend und eine Beleidigung für die Leistung der Beschäftigten“, kritisiert Yvonne Moeller, Verhandlungsführerin der IG Metall in Baden-Württemberg. „Die wirtschaftliche Situation ist in vielen Teilbranchen, wie etwa Caravanherstellern, äußerst positiv und die Beschäftigten verlangen zu Recht eine ordentliche Erhöhung ihrer Einkommen.“

IG Metall fordert 4,5 Prozent mehr Geld

Die IG Metall fordert 4,5 Prozent mehr Geld, mit einem Extraplus für Auszubildende. Wie die nebenstehende Grafik deutlich zeigt: Die Holz und Kunststoff verarbeitende Industrie brummt, die Auftragsbücher sind voll, die Beschäftigten leisten Überstunden. 

Und die Arbeit ist oft hart. Viele Beschäftigte sind bereits älter und können nicht mehr. Wegen der im Vergleich zur Metallindustrie niedrigeren Löhne mangelt es der Branche an Fachkräftenachwuchs.

Mehr Geld für Gesundheit und Altersteilzeit

Daher will die IG Metall auch Regelungen für mehr Gesundheit und einen früheren Altersausstieg. In Baden-Württemberg fordert die IG Metall einen Belastungsausgleich.

Vor allem sollen die Arbeitgeber ihre Zahlungen in den tariflichen Demografiefonds erhöhen, von derzeit 300 Euro auf 750 Euro je Beschäftigten im Jahr. Aus dem Demografiefonds wird insbesondere die Altersteilzeit bezahlt.

Doch das lehnen die Arbeitgeber rundweg ab, sie mauern, bewegen sich keinen Millimeter – mehr noch: Sie wollen am liebsten auch die bislang geltenden 300 Euro nicht mehr zahlen. 

Warnstreiks in Baden-Württemberg - weitere Regionen in Planung

In Baden-Württemberg ist anders als in anderen Tarifgebieten die Friedenspflicht bereits beendet – und somit sind Warnstreiks zulässig. Seit Mitte September haben sich bislang fast 14 000 Holz- und Kunststoff-Beschäftigte an Aktionen der IG Metall beteiligt.

Der Reisemobilhersteller Carthago musste am Montag zwei Stunden lang zusehen, wie die Produktion stillliegt, während die Beschäftigten auf den Hof zogen. Das Unternehmen steht sinnbildlich für den wachsenden Gewinn in weiten Teilen der Branche: „Der Verkauf von Wohnmobilen boomt seit Jahren“, sagt Dinko Rejo, Betriebsrat bei Carthago. „Trotzdem wurden kaum mehr Stellen geschaffen. Die Mehrarbeit haben wir Beschäftigten mit Überstunden gestemmt.“

Ein Plus ist dabei nicht für sie rumgekommen. Dagegen haben am Montag 300 Beschäftigte bei Carthago protestiert und legten damit 90 Prozent der Produktion still. Was die Beschäftigten dabei antreibt? „Mehr Geld und eine Erhöhung für den Demografie-Fonds. „Wir haben viele belastete ältere Kollegen – auch die sollen gesehen und entlastet werden“, sagt der Betriebsrat.

Auch bei Gardena im tiefsten Schwabenland standen die Maschinen in der Früh- und Spätschicht still. „Gardena ist ein Unternehmen, das gar nicht mehr zählen kann, wie viele Rekordjahre es jetzt schon hintereinander einfährt“, bestätigt der Betriebsratsvorsitzende André Uhlig. Das bedeutet auch eine hohe Belastung für die Beschäftigten. „Trotzdem kam nie groß was rüber vom Arbeitgeber, außer das, was die Gewerkschaft für uns ausgehandelt hat. Von daher haben wir natürlich eine große Erwartungshaltung in dieser Tarifrunde.“

In Niedersachsen und in den meisten anderen Tarifgebieten läuft die Friedenspflicht am 14. Oktober aus. Dann sind Warnstreiks möglich. Die Planungen laufen. 

Von: cdr

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