18.03.2025 | Auf dem IG Metall-Aktionstag in Leipzig am 15. März sendeten rund 12.000 Metallerinnen und Metaller der Politik eine klare und unmissverständliche Botschaft nach Berlin: Sie erwarten von der künftigen Bundesregierung, dass sie die Industrie gezielt fördert und Beschäftigung nachhaltig sichert. Eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik ist vor allem für die junge Generation unverzichtbar. Das machten mehrere junge Metallerinnen und Metaller mit starken Redebeiträgen in Leipzig mehr als deutlich.
Bereits am Abend vor dem Aktionstag war die Jugend mit klaren Botschaften und Forderungen an Union und SPD durch die Leipziger Innenstadt gezogen.
Als Erster ergriff Philipp Pötter auf der großen Bühne das Wort. Er ist Auszubildender im Stahlwerk Freital. „Uns Stahlwerker und Metaller beschäftigen am meisten die hohen Energiekosten, was einen Rückgang unserer Auftragslage und Wettbewerbsfähigkeit zur Folge hat“, sagte Philipp. Deshalb forderte er von der kommenden Bundesregierung Investitionen in sichere, zukunftsfähige Energieträger und einen gedeckelten Industriestrompreis. Denn eines sei klar: „Schließlich ist und bleibt Stahl unsere Zukunft.“
Mehr bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende forderte Özge Karabulut ein, die bei der Hach Lange GmbH in Berlin arbeitet und sich in der dortigen Jugend- und Auszubildendenvertretung engagiert. Eine kleine Einzimmerwohnung in Berlin koste 700 bis 1000 Euro, das sei für Azubis schlicht unbezahlbar, so Özge. „Es braucht mehr öffentliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, um bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende zu schaffen“, sagte Özge. Dazu müsse die Schuldenbremse abgeschafft oder reformiert werden, damit Bund und Länder genug Geld in dringend benötigte Bauprojekte stecken können. Sie regte zudem ein gezieltes Wohnraumförderprogramm für Azubis mit günstigen Azubiwohnheimen und mehr finanzieller Unterstützung an. Özge: „Berlin darf nicht nur eine Stadt für Gutverdienende sein – auch junge Menschen in der Ausbildung brauchen eine sichere und bezahlbare Zukunft.“
Eric Bauer, Auszubildender bei VW in Zwickau, forderte von der Politik ein starkes Zeichen auch für alle Zulieferer in der Region ein. „Unsere Region stirbt aus, wenn Ausbildungsplätze abgebaut werden“, warnte Eric. Die Politik solle Mindestausbildungszahlen nach Betriebsgröße vorgeben, verlangte der junge Metaller unter dem Applaus der Zuhörenden. „Unternehmen, die sich drücken auszubilden, sollen zahlen.“ Eric wies auch auf die dringende Notwendigkeit hin, in die marode Infrastruktur zu investieren: „Unsere Schulen zerfallen und sind auf dem technischen Stand wie in der Steinzeit. Statt Steinzeitzuständen brauchen wir Zukunftsinvestitionen!“
Dass es im Bundesland Sachsen noch immer keinen gesetzlichen Anspruch auf Bildungsurlaub gebe, war ein wesentlicher Kritikpunkt von Marcus Kleemann, Vorsitzender der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Audi Leipzig GmbH. „Wir brauchen endlich mehr politische Bildung für eine starke, solidarische Zukunft“, sagte Marcus. „Unsere Forderung an die Politik ist klar: Investiert in unsere Zukunft!“
Politik und Industrie müssen sich endlich zum Standort Deutschland bekennen und dürfen keine Standorte hierzulande mehr schließen oder ins Ausland verlagern. Diese Kernforderung stellte Stefani Jovanovic, Beschäftigte beim Zughersteller Alstom in Hennigsdorf und Mitglied des Ortsjugendausschusses Oranienburg. Von der künftigen Bundesregierung verlangte Stefani deshalb ein Ende des „Hickhacks zur Mobilitätswende“. „Wir verlieren Arbeitsplätze, weil ihr euch nicht einigen könnt“, sagte sie in Richtung Politik. „Wir brauchen einen Zukunftsplan von der Bundesregierung, in der die Zukunft der Mobilität klar vereinbart ist. Und wir brauchen Investitionen der Unternehmen in genau diese Zukunft – eine grüne Zukunft mit Elektroautos und Zügen.“
Michelle Herrmann, ehemalige JAV-Vorsitzende bei der OHST-Medizintechnik AG in Rathenow, appellierte an die Unternehmen, anstatt über Fachkräftemangel zu klagen, endlich wieder mehr junge Leute auszubilden. Sie könne das Gejammer über den Fachkräftemangel nicht mehr hören. „Die Unternehmen sägen sich den eigenen Ast ab, auf dem sie sitzen“, so Michelle. Sie warnte: „Wenn es so weitergeht, verlieren wir nicht nur Fachkräfte, wir gefährden auch unseren Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Michelles Abschlussstatement war unmissverständlich: „Wer Zukunft will, braucht keine hohlen Phrasen, sondern faire Arbeitsbedingungen, eine starke Mitbestimmung und verdammt nochmal eine Ausbildungsoffensive statt diesem miesen Kahlschlag!“
Unmittelbar im Anschluss an die kämpferischen Reden schossen zahlreiche junge Metallerinnen und Metaller mitten im Publikum Unmengen an roten Luftschlangen in den blauen Mittagshimmel und sorgten so für eine farbenfrohe Untermalung ihres Protests und gute Laune bei den Zuhörerinnen und Zuhörern.