21.12.2023 | Als das Unternehmen GKN Driveline am 18. Januar dieses Jahres bekannt gab, dass der Standort Mosel geschlossen werden soll, hatte wohl weder die Geschäftsleitung noch die Belegschaft eine Vorstellung davon, was dann ins Rollen kommen sollte: Es waren Wochen im Eiltempo mit nahezu täglich neuen Wissensständen und Entscheidungen. Vor allem aber hat diese Zeit gezeigt: Diese Belegschaft, diese Region kann Widerstand und ist nicht (mehr) bereit, profitgetriebene Entscheidungen stillschweigend hinzunehmen. Auch wenn es nicht mehr ganz so turbulent zugeht, hinter den Werkstoren ist viel in Bewegung. In einer Interviewreihe hören wir uns beim Betriebsrat zum aktuellen Stand bei GKN um. Wenige Tage vor Weihnachten sprechen wir mit Jörg Kirsten über die Stimmung in der Gelenkwelle.
IG Metall Zwickau: Lieber Jörg, in wenigen Tagen feiern wir Weihnachten. Hand aufs Herz: Wie weihnachtlich ist euch in diesen Tagen zumute?
Betriebsratsvorsitzender Jörg Kirsten: Hinter uns liegt ein unfassbares Jahr, das immer noch im Kopf ist. Das wird sich auch über die Feiertage nicht ändern, dafür waren die Ereignisse zu prägend. Aber natürlich versucht man für ein paar Tage abzuschalten. Inzwischen hat sich die Aufregung vom Jahresanfang natürlich etwas gelegt. Auch der Kampfgeist, den wir hier im Frühjahr tagtäglich erleben durften, ist selbstverständlich nicht mehr so allgegenwärtig wie in diesen „heißen“ Tagen im Januar, Februar und März.
IGM: Wie seid ihr denn momentan ausgelastet?
Jörg: Über den Buschfunk hört man schon so Kommentare wie „Wir machen weiter bis 2030…“ Wenn hier im kommenden Jahr die ersten Kolleginnen und Kollegen in Größenordnungen gehen müssen, wird sich das anders anhören und wenn dann die ersten Maschinen durch’s Werkstor rausgeschleppt werden, kippt die Stimmung mit Sicherheit. Aber aktuell könnten wir tatsächlich an den Wochenenden arbeiten und 100 Leiharbeiter einstellen. Das ist völlig absurd angesichts der Werksschließung! Das kann man keinem erklären…
IGM: Aber Mehrarbeit ist mit euch nicht zu machen, oder?
Jörg: Mit der Geschäftsführung gibt es die Absprache, dass auf freiwilliger Basis Mehrarbeit am Wochenende geleistet werden kann. Dafür gäbe es sogar eine Antrittsprämie vom Arbeitgeber. Aber fast alle winken da nur ab und meinen „Nee, das fällt aus!“ Der Zusammenhalt ist nach wie vor riesengroß, daran ändern auch solche Lockangebote nichts. Wenn wir als Betriebsrat morgen wieder auf die Barrikaden rufen würden, bin ich davon überzeugt: Diese Belegschaft würde sofort wieder vor dem Werkstor stehen!