AKTIONSTAG BEI VW SACHSEN

Erfolgreiche Transformation geht nur im Team: Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen

14.09.2020 | Licht und Schatten liegen in der Industrieregion Südwestsachsen derzeit ganz nah beieinander. Besonders deutlich wird das in der Automobilbranche. Während Volkswagen am vergangenen Freitag mit dem ID.3 sein erstes serienmäßig produziertes Elektroauto auslieferte, stehen die Zeichen bei so manchem VW-Zulieferer auf Sturm. Bei VW am Standort Zwickau scheint es im Moment nur in eine Richtung zu gehen: mit Vollgas nach vorn. Damit dies gelingt, muss auch das Unternehmen seinen Beitrag leisten. Im Rahmen der bezirksweiten Aktionstage wurde im Werk ein XXL-Transparent enthüllt, auf dem die Kolleginnen und Kollegen von VW Themen bennen, die sie bewegen.

Umbau zur E-Auto-Fabrik, Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro, Beschäftigungsaufbau inklusive externer Einstellungen. „Zwickau übernimmt eine Vorreiterrolle bei der Transformation der Automobilindustrie hin zur E-Mobilität. Unsere Kolleginnen und Kollegen hier in Sachsen leisten Pionierarbeit bei der Umsetzung der Konzernstrategie von Volkswagen und damit des Aufbaus der Serienproduktion unserer Elektrofahrzeuge. Was unsere Mannschaft in den letzten Monaten schon geleistet hat, ist Wahnsinn!“, ist der Gesamtbetriebsratsvorsitzende bei Volkswagen Sachsen, Jens Rothe, überzeugt. Demnach trägt jeder Einzelne der rund 8500 Beschäftigten zum Gelingen dieser „Mammutaufgabe“ bei.

Damit diese gelingt, muss aber auch das Unternehmen seinen Teil beitragen und seine Prozesse in Ordnung bringen, so die Forderung der IG Metallfraktion beim Autobauer. Das Thema, dass den Kolleginnen und Kollegen dabei besonders unter den Nägeln brennt: die 35- Stunden-Woche. Viele Male prangte das IG Metall Logo mit der Sonne und der Zahl 35 auf einem kunterbunten und vor allem meterlangen Banner, dass die Werker im Rahmen der Aktionstage am vergangenen Donnerstag (10. September) aus vielen kleinen bunten Stoffstücken zusammengesetzt hatten.

„Die Ungleichheit zwischen Ost und West ist über 30 Jahre nach der Deutschen Einheit nicht mehr zu akzeptieren. Das gehört abgeschafft“, bringt es Jens Rothe auf den Punkt. Auch wenn die Arbeitszeitverkürzung Corona-bedingt nicht mit in die Tarifrunde eingeflossen ist: Beerdigt ist das Thema nicht, betont Jan Andrä, Vorsitzender des Vertrauenskörpers. „Wer heute Spitzenautos von morgen bauen möchte, sollte nicht mit Arbeitszeiten seiner Beschäftigten von gestern glänzen.“

Neben allen Herausforderungen, die der Komplettumbau des Werkes und die Einführung neuer Technik mit sich bringen, dürfe man nicht vergessen, dass es die Menschen sind, die dem Werk ein Gesicht geben und die die Autos bauen, ergänzte die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Mandy Anding. Mit der Aktion wolle man zeigen, dass die Themen der Kolleginnen und Kollegen so bunt und vielfältig seien wie das XXL-Transparent, das aus unzähligen 30 mal 30 Zentimeter großen Stoffstücken zusammengenäht wurde.

So sprechen sich beispielsweise die Beschäftigten in der Produktion seit langem für eine bessere Kühlung der Produktionshallen in den Sommermonaten aus, berichtete Uwe Kunstmann, Koordinator des Bereichsbetriebsrates Montage. Lisa Neubert von der Jugend- und Auszubildendenvertretung beschäftigt hingegen die unbefristete Übernahme aller Azubis nach bestandener Abschlussprüfung oder die Aufnahme der dualen Studierenden in den Tarifvertrag.

Ein weiteres Thema, dass der Belegschaft unter den Nägeln brennt: Regelungen zur Altersteilzeit. Viele arbeiten schon ihr halbes Leben bei VW – und damit ihr halbes Leben im Wechselschichtsystem. „Im Ruhestand endlich nicht mehr Freitagabend auf Nachtschicht zu müssen, klingt nach einem einfachen Satz, es bedeutet aber auch, jahrelang auf nette Abende verzichtet zu haben“, meint Lisa Koischwitz, stellvertretende Vorsitzende des Vertrauenskörpers. Neben einem schönen Einstieg ins Berufsleben müsse daher auch ein möglichst zeitiger Ausstieg ermöglicht werden.

„Eine erfolgreiche Transformation geht nur mit Betriebsrat. Bei allen Überlegungen gehören die Menschen in den Fokus und nicht nur Zahlen“, sagte Thomas Knabel, Erster Bevollmächtiger der IG Metall Zwickau. Die elementare Frage für die Beschäftigten ist und bleibt daher die Angleichung Ost-West und damit die 35-Stunden-Woche.

Mit insgesamt drei Aktionstagen will die IG Metall auf Probleme aufmerksam machen und vor Ort in den Betrieben zeigen, dass Corona keine Ausrede sein darf für Angriffe auf Arbeitsplätze, Mitbestimmung und Tarifbindung. Neben Volkswagen beteiligten sich in der Region Südwestsachsen unter anderem die Automobilzulieferer GRAMMER (Zwickau) und Adient (Meerane) oder die Industriebetriebe MAHLE (Heinsdorfergrund) und Handtmann (Annaberg-Buchholz).

Von: fh

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