Für mehr Mitbestimmung

Neue Betriebsräte gewählt: Beschäftigte im Bezirk setzen auf mehr Mitbestimmung

07.05.2020 | Mit mehr Mitbestimmung durch die Krise: Trotz erschwerter Bedingungen durch die Corona-Pandemie haben die Beschäftigten von Liftket Hoffmann in Wurzen und Aalberts Surface in Zwickau erstmals Betriebsräte gewählt. Bei Capron in Neustadt Sachsen wurde der Wahlvorstand für die erstmalige Betriebsratswahl bestellt.

Rund 250 Kolleginnen und Kollegen bauen bei Liftket Hoffmann in Wurzen Elektrokettenzüge für Industrieanwendungen, Windkraftanlagen und Bühnentechnik. Seit Monaten haben sich die Beschäftigten gemeinsam mit der IG Metall auf die Betriebsratswahl vorbereitet. Am 22. April machten trotz Corona-Bedingungen machten mehr als 80 Prozent der Kolleginnen und Kollegen von ihrem Wahlrecht Gebrauch und wählten sich erstmals eine Interessenvertretung. „Das ist ein starkes und wichtiges Signal für den künftigen Betriebsrat und für die gesamte Region“, so Benjamin Krimmling, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Leipzig.

Am 30. April hat sich der frisch gewählte Betriebsrat bei Liftket konstituiert und wird nun als gesetzlich legitimierte Arbeitnehmer-Vertretung in dem mittelständischen Unternehmen die Arbeit aufnehmen. Zum Vorsitzenden des neunköpfigen Gremiums wurde der 38-jährige Wurzener Markus Klose gewählt. Zur Seite steht im als Stellvertretender Rico Conrad aus Wurzen.

„In Krisenzeiten erleben wir in allen Betrieben, wie wichtig Wirtschaftsdemokratie und die betriebliche Mitbestimmung ist. Bei der Gestaltung von Arbeitszeiten, Kurzarbeit, Arbeits- und Gesundheitsschutz und vielen anderen Themen müssen Betriebsräte gehört und beteiligt werden. Unternehmen mit Betriebsräten sind innovativer, wettbewerbsfähiger und haben bessere Arbeitsbedingungen. Davon brauchen wir mehr hier und anderswo“, sagte Krimmling. Auf der Internetseite der Geschäftsstelle Leipzig gibt es mehr Informationen zur Wahl bei Liftket Hoffmann in Wurzen sowie zwei Videos mit dem Aufruf zur Betriebsratswahl und zur Wahl selbst.

Aalberts Surface Treatment in Zwickau
Erschwerter Bedingungen durch die Corona-Pandemie haben auch die Beschäftigten von Aalberts Surface Treatment nicht davon abhalten können, in Zusammenarbeit mit der IG Metall erfolgreich ihren ersten Betriebsrat zu gründen. Bei einer Wahlbeteiligung von 92 Prozent sind alle IG Metall-Kandidaten in den Betriebsrat gewählt worden.

„Durch die Organisierung in der IG Metall und die Wahl des Betriebsrats haben die Kollegen jetzt alle Voraussetzungen geschaffen, um die Arbeitsbedingungen nach ihren Vorstellungen mitzugestalten. Wie wichtig das ist, hat sich wohl selten so deutlich gezeigt, wie in der aktuellen Situation“, sagt Stefan Fischer, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Zwickau. „Während in gut organisierten Betrieben Aufstockungen auf das Kurzarbeitergeld und Maßnahmen zur Minimierung der Infektionsgefahr durchgesetzt werden konnten, können Beschäftigte in nicht mitbestimmten Betrieben nur auf freiwillige Leistungen des Arbeitgebers hoffen. Bleiben diese aus, hat man keine Handhabe. Deswegen rufen wir alle Beschäftigten der Region auf, sich zu organisieren und gemeinsam mit uns die Arbeitsbedingungen zu verbessern!“

Aalberts Surface Treatment in Zwickau beschäftigt zurzeit rund 70 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Das Unternehmen veredelt Oberflächen industrieller Bauteile.

Betriebsratswahl bei Capron in Neustadt Sachsen eingeleitet
Auch die rund 750 Beschäftigten des Wohnmobilherstellers Capron in Neustadt Sachsen wählen demnächst erstmals einen Betriebsrat am Standort. Der Konzernbetriebsrat der Hymer Group hat am 23. April den Wahlvorstand bestellt und die Betriebsratswahl eingeleitet. Vorausgegangen war die Initiative der Geschäftsleitung, eine Mitarbeitervertretung zu bestellen. Anders als Betriebsräte haben Mitarbeitervertretungen jedoch keine Mitbestimmungsrechte nach dem deutschen Betriebsverfassungsgesetz und sind so der Willkür der Arbeitgeberseite ausgesetzt. Die Unterschiede zwischen Betriebsrat und Mitarbeitervertretung erläutert ein Video-Podcast der IG Metall Ostsachsen.

Eine Arbeitnehmerinteressenvertretung sieht anders aus, betonte Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen. „Es ist eine absolute Frechheit der Geschäftsführung, gerade in der jetzigen Situation eine Mitarbeitervertretung einzusetzen. Sie benutzt die Sorgen und Ängste der Beschäftigten und versucht eine Betriebsratswahl zu verhindern. In der Krise und vor allem danach gibt es einen immensen Regelungs- und Informationsbedarf im Sinne der Beschäftigten. Gerade in solchen Zeiten sind Sozialpartnerschaften extrem wichtig und nachweislich zum Vorteil beider Seiten. Das Verhalten der Arbeitgeberseite ist absolut inakzeptabel und natürlich werden wir auch den Weg zu einem Tarifvertrag vorbereiten.“

Seit 2006 fertigen die Kolleginnen und Kollegen in Neustadt Sachsen Wohnmobile der Marke Sunlight und Carado. Im Sommer 2019 haben die Beschäftigten gemeinsam mit der IG Metall begonnen, die Betriebsratswahl am Standort vorzubereiten. Ihre Bemühungen wurden durch das Vorpreschend der Geschäftsführung, eine Mitarbeitervertretung zu installieren, torpediert. Das Einsetzen des Wahlvorstands ist somit eine Reaktion der Beschäftigten, um eine ordnungsgemäße Betriebsratswahl durchführen zu können.

 

Von: fh

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