DIE LOHNMAUER EINREISSEN

Warnstreik bei Recycling-Spezialist Derichebourg – Beschäftigte fordern gleiche Bedingungen Ost wie West

25.04.2024 | Erneut wird bei einem Unternehmen mit Standorten in Ost- und Westdeutschland mit zweierlei Maß gemessen: Während die Beschäftigten der Derichebourg-Niederlassung Nürnberg gerade einen Tarifvertrag abgeschlossen haben, wehrt sich dasselbe Unternehmen für den (ostdeutschen) Standort im vogtländischen Reuth nach Leibeskräften gegen Mitbestimmung und mehr Demokratie im Betrieb. Deshalb legen die Beschäftigten heute ab 6 Uhr die Arbeit zum Warnstreik nieder.

Fordern endlich ein ernsthaftes Miteinander in den seit September laufenden Tarifverhandlungen: Beschäftigte des Recycling-Spezialisten Derichebourg im vogtländischen Reuth. Fotos: IG Metall Zwickau

„Die Kolleginnen und Kollegen waren lange genug geduldig. Mehr als 30 Jahre nach der Wende muss endlich Schluss sein mit dieser Mauer in den Köpfen“, sagt IG Metall Gewerkschaftssekretär Stefan Fischer. Während der Recycling-Spezialist Derichebourg seinen Mitarbeitern in Karlsruhe eine Wochenarbeitszeit von 37 Stunden bei einem Lohn von mindestens 2900 Euro brutto (zzgl. mehrerer Sonderzahlungen) zugesteht, arbeitet die Belegschaft in Reuth jede Woche drei Stunden länger und das zum Teil für knapp über Mindestlohn.

Mit einem Warnstreik am Donnerstag, 25. April wollen die rund 30 Kolleginnen und Kollegen ein deutliches Signal in Richtung ihres Arbeitgebers senden. Seit 6 Uhr geht nichts mehr an dem Standort in Reuth.

Nach Schätzungen der IG Metall Zwickau beträgt der Lohnabstand zu den anderen beiden (west-)deutschen Standorten 40 bis 50 Prozent. „Genau sagen können wir es nicht, da sich die Geschäftsleitung weigert, uns die in der ersten Tarifverhandlung im November 2023 zugesicherten Zahlen zu übermitteln“, erläutert Stefan Fischer.

Ähnlich wie die Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg hat die Belegschaft in Reuth vor einem Jahr einen Betriebsrat gegründet. Doch während in Franken Tarifverhandlungen zwischen Arbeitnehmervertretung und Arbeitgeber im April zum Abschluss gebracht wurden, setzt man im Vogtland auf Verzögerungstaktik und ein spärliches Angebot von 2,3 Prozent mehr und eine Einmalzahlung von je 150 Euro für 2024 und 2025.

„Verhandlungsbereitschaft oder Spielraum sind dabei nicht im Ansatz zu erkennen. Wenn es nach der Geschäftsleitung geht, können die Beschäftigten das Angebot genauso nehmen oder es lassen – dieses Verhalten passt zur Stimmung im Betrieb, aber nicht zu einem wertschätzenden Umgang mit der eigenen Belegschaft in Zeiten des Fachkräftemangels und deutlich gestiegener Lebenshaltungskosten, auch hier im Vogtland“, kommentiert Thomas Knabel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau, die schleppenden Tarifverhandlungen, die sich bereits seit September 2023 hinziehen.

Und sie passen auch so gar nicht zu einer hübschen Unternehmensbroschüre, die man sich auf der Webseite von Derichebourg herunterladen kann: „Stärke im Dienst von Mensch und Umwelt“ heißt es auf der Titelseite. „Von Menschen zweiter Klasse ist dort nicht die Rede“, so Thomas Knabel weiter.

„Die Kolleginnen und Kollegen kämpfen für gleiche Arbeitsbedingungen wie sie für die Beschäftigten in Karlsruhe schon seit Jahren gelten und ihnen ist auch klar, dass das nicht von heute auf morgen, sondern in Angleichungsschritten passiert. Aber zumindest ein echter Anfang muss jetzt her!“, sagt Stefan Fischer. 

Von: cdr

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